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Holger Ahrens

Betriebsrat Hamburg-Mannheimer                                                     

Aus der Praxis: Gefährdungsbeurteilung an Bildschirmarbeitsplätzen

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein langwieriger Prozess, und der Betriebsrat braucht einen langen Atem. Aber es lohnt sich. Wir haben relativ schnell konkrete Verbes­serun­gen der Beleuchtung und des Klimas durchgesetzt. Maßnahmen müssen auch zeitnah um­gesetzt werden, weil sonst bei den Be­schäftigten Frustration entsteht.

Das Wort „Ergonomie“ (frei übersetzt: die bestmögliche, wechselseitige Anpassung des Menschen an seine Arbeitsbedingungen) hat sich in allen Köpfen im Unternehmen festgesetzt; es wurden Schulungen dazu angeboten. Die Führungskräfte haben begriffen, dass Ergonomie wichtig ist, dass fehlende ergo­nomische Gestaltung krank machen kann und dass es Ansatzpunkte gibt, dies zu ändern.

Umstrukturierungen oder eine gravierend neue EDV-Landschaft erschweren den Pro­zess ebenso wie neue Entscheider. Ein Wech­sel von Führungskräften kann den Prozess behindern. Mit der Software-Ergonomie ha­ben Arbeitgeber meist wegen mangelnder Sachkenntnis Schwierigkeiten und die psychischen Belastungen werden nur sehr zu­rück­haltend angegangen.

Arbeitgebervertreter, die auf Betriebsver­samm­lungen verkünden, „Gesundheit ist das Wichtigste“, müssen beim Wort genommen werden. Die gesetzlichen Verpflichtungen umzusetzen sollte dann das Mindeste sein. Für den Betriebsrat gilt: Ständig am Ball bleiben, den Prozess vorantreiben und sich durchsetzen – zur Not mit rechtlichen Mit­teln.

So lief die Gefährdungsbeurteilung bei der Hamburg-Mannheimer

Die Hamburg-Mannheimer ist einer der führenden deutschen Lebens- und Unfall­ver­sicherer. Das Unternehmen blickt auf eine über 100-jährige erfolgreiche Firmengeschich­te zurück.

Seit 1997 gehört die Hamburg-Mannheimer zur ERGO-Versicherungsgruppe, eine der großen europäischen Versicherungen, deren Großaktionär die Münchner Rück ist. Die Gruppe hat 50 000 Beschäftigte inklusive selbstständiger Vermittler.

Das Thema Gefährdungsbeurteilung wurde erst 2002 aktuell, nachdem der Betriebsrat über eine Einigungsstelle eine Betriebsvereinbarung dazu durchgesetzt hatte.

Dabei wurde das ABETO-Verfahren zur Beurteilung von Bildschirmarbeitsplätzen ausgewählt und die bao GmbH - Büro für Arbeits- und Organisationspsychologie, Berlin, mit der Durchführung beauftragt.

Eine gemeinsame Projektgruppe aus Arbeitgebervertretern und Betriebsrat passte die Fragebögen an den Bedarf des Unternehmens an. 2003 begann die Befragung in mehr als 300 Betrieben und unterschiedlichen Abteilungen wie Innendienst und Außendienst.

Erschwert wurde die Durchführung durch die vielen Umstrukturierungen im Unternehmen. Oft verschwanden im Laufe des Verfahrens Betriebe oder Führungskräfte. Hinzu kam 2003 eine völlig neue EDV-Landschaft.

Die Rücklaufquote für die Fragebögen war sehr gut und die ersten Maßnahmen wie neue Flachbildschirme oder Lichtschutz wurden schnell umgesetzt. Schwieriger wurde es beim Raumklima. Es gab zum Beispiel in Hamburg Beschwerden und zahlreiche Erkran­kungen. Nach eingehender Untersuchung wurde die computergesteuerte Klima­anlage völlig umgestaltet und sogar für einen Teil des Hauses eine neue angeschafft.

Auch die Analyse der Software führten zu einer neuen Denkweise im Unternehmen: Selbst Standardprogramme wie SAP können den Arbeitsbedürfnissen der Nutzer angepasst werden, was zu effektiverer und stressfreierer Arbeit führt.

Immer noch aktuell: Gefährdungsbeurteilung an Bildschirmarbeitsplätzen

80 Prozent der zwei Millionen Betriebe in Deutschland haben Bildschirmarbeitsplätze und 60 Prozent der Beschäftigten arbeiten an Bildschirmen. Für die meisten von ihnen hat die Gesundheit bei der Bildschirmarbeit einen sehr hohen Stellenwert – so jedenfalls der Deutschland-Bericht zur Bewertung der EU-Bild­schirm­richtlinie aus dem Jahre 2008. Die Zahl der Betriebe, die eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt haben, liegt nach Um­fragen unter 50 Prozent. Bei der Mehrzahl davon handelt es sich um größere Betriebe.

Dabei ist der Aufwand nicht so groß wie oft geglaubt wird. Ver­mutlich befürchten viele Betriebe die Konsequenzen; denn wenn bei der Gefährdungsbeurteilung Probleme entdeckt werden, müssen sie natürlich gelöst und Maßnahmen ergriffen werden. Gleichwohl ist die wiederholte Beurteilung der Arbeits­be­din­gun­gen und die Dokumentation der Ergebnisse eine Pflicht des Arbeit­gebers, die durch die Bildschirm­arbeits­ver­ordnung präzisiert wird. Und zwei Drittel aller Betriebe halten den Umsetzungs­auf­wand für lohnenswert.

Wie können Betriebe vorgehen? Es gibt inzwischen eine Reihe von Verfahren; wichtig für die betriebliche Interessenvertretung ist, dass der Aufwand akzeptabel und das Verfahren beteiligungsorientiert ist. Für Bildschirmarbeitsplätze hat die TBS ein seit über 15 Jahren bewährtes und anerkanntes Verfahren mitentwickelt: ABETO (www.abeto-online.de).

Wie kann der Prozess gesteuert werden?

Der gesamte ABETO-Prozess wird von einer betrieblichen Projekt­gruppe gesteuert, in der alle vertreten sein sollen, die im Unter­nehmen Verantwortung für die Bildschirmarbeit tragen. Als Mit­glieder kommen je nach Betriebsgröße in Frage:

  • Vertreter der Benutzer
  • zuständige Führungskräfte
  • Vertreter der EDV- oder Organisationsabteilung
  • Mitglieder des Betriebs- beziehungsweise Personalrats
  • die Sicherheitsfachkraft
  • der Betriebsarzt
  • ein Externer (Technologie- oder Unternehmensberater).

Was wird analysiert?

Es werden folgende Bereiche analysiert:

  • Arbeitsplatz
  • Arbeitsumgebung
  • Software
  • Arbeitstätigkeit

Welche Schritte werden durchlaufen?

Das Verfahren besteht aus vier Schritten:

  1. Einrichtung einer Projektgruppe
  2. Auswahl von Arbeitsplätzen
  3. Arbeitsplatzbeurteilung
  4. Maßnahmen

Die Auswahl unter 2. erfolgt durch eine Grobanalyse mit den Fra­ge­bögen des Ergonomieprüfers zu „Ausführungs­bedingun­gen“, „Software“ und „Arbeitstätigkeit“.

Wer kann das Verfahren durchführen?

Das Verfahren wird beispielsweise auch angeboten von

Was ist sonst noch wichtig?

Maßnahmen, die aufgrund der Gefährdungsbeurteilung getroffen werden, sparen Geld, denn sie verringern den Krankenstand, den Stress und machen Arbeit „gut“.

Die Meinung, dass sich Standardsoftware nicht ergonomisch ge­stalten lässt, hält sich hartnäckig, ist aber falsch. Für das verbreitete Programm SAP gibt es hier viele Möglichkeiten (siehe www.ergusto.de). Das Verfahren ABETO kann bei Bedarf unter­neh­mensspezifisch angepasst werden und lässt sich mit dem Thema „Gute Arbeit“ verbinden.